Ballistica

Bergauf, bergrunter - halte immer drunter!

Was hat es mit dieser Jägerweisheit auf sich?


Bergschuss / Winkelschuss: bergauf, bergrunter - halte immer drunter!
Was hat es mit dieser Jägerweisheit auf sich? Ersteinmal vorweg, - dieser Effekt ist rund um den GEE Bereich und bei Elevationswinkeln kleiner 45 Grad jagdlich gesehen so gut wie zu vernachlässigen.
Nehmen wir aber an, wir sind auf Gamsjagd im Hochgebirge. Als wir mitten im Hang sind, erblicken wir eine Gams knapp unterhalb des Berggipfels. Mit dem Laser-Entfernungsmesser bestimmen wir eine Entfernung von 230 Metern. Zudem schätzen wir ab, dass das Stück Wild ca. 200 Meter über uns steht, wir also einen Winkelschuss von ca. 60 Grad anbringen müssen. Wo halte ich an, wenn ich der Gams auf den Stich schießen möchte? Lösung: auf jeden Fall unterhalb meines sonst üblichen Haltepunktes! Aber wo genau?
Schnell veranschaulichen lässt sich dieser auf den ersten Blick "unlogische Effekt" im Extremfall (siehe kreis-schematische Darstellung): schieße ich in der Steilwand fast senkrecht nach oben, wirkt die Gravitationskraft nahezu nur geschwindigkeitsreduzierend (jedoch nicht flugbahnabweichend), da der Schwerkraftskräftevektor "g" zu fast 100% entgegenwirkt. Einen Geschossabfall muss ich dann kaum kompensieren, da meine Geschossflugbahn annähernd eine senkrechte Gerade nach oben ist und keine breit gezogene Flugparabel, wie im Waagerecht- oder Schrägschuss.
Beim Schrägschuss haben wir im Gegensatz zum Schuss in der Ebene die Besonderheit, dass die Gravitationskraft nicht mehr nur senkrecht zur Flugbahn - und damit nur krümmend - wirkt, sondern in zwei Komponenten; flugbahnkrümmend und geschwindigkeitsmindernd (beim Schuss bergauf) bzw. relativ gesehen geschwindigkeitserhöhend (beim Schuss bergab). Die Kraft teilt sich also auf und bewirkt dadurch eine geringere Krümmung der Geschossflugbahn. Der Fleckschussbereich II "verschiebt" sich dementsprechend nach hinten, die Überhöhung der Flugbahn zwischen den Fleckschussbereichen verstärkt sich, da der Winkel zwischen Visierlinie und Laufseelenachse - montagebedingt - konstant bleibt. Dies gilt es durch relatives "drunterhalten" zu kompensieren. Genaue Werte können über ein gutes Ballistik Programm berechnet werden.


Fazit: bergauf, bergrunter - halte immer drunter! ... ist prinzipiell richtig - bei extrem weiten und gleichzeitig steilen Schüssen.
Genauso wichtig ist aber ein anderer Effekt beim Winkelschuss:
der Schusskanal im Wildkörper. Man muss sich diesen immer dreidimensional (im Längsschnitt) vorstellen; nur so können die Wundwirkung des Geschosses"vorhergesagt" sowie Unterschiede zwischen Bergab- und Bergaufschuss deutlich gemacht werden.


Ballistische Daten, RWS 10.3x60R GR Spezial

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